[Berlin] Soziale Netzwerke dienen der Kommunikation und dem Meinungsaustausch. Leider kann dabei nicht jeder Nutzer respektvoll und sachlich argumentieren. Dies hat auch die Grünen-Politikerin Renate Künast kürzlich zu spüren bekommen.

Unter einem Posts haben zahlreiche Nutzer ihre Meinung kundgetan, manche allerdings in einer Art und Weise, die den Strafbestand der Beleidigung gemäß § 185 StGB erfüllt. Inhaltlich ging es um eine Äußerung der Grünenpolitikerin im Berliner Abgeordnetenhaus aus dem Jahr 1986 im Zusammenhang mit dem Thema Strafandrohung aufgrund von sexueller Handlungen an Kindern. Allerdings wurde das Statement der Politikerin von den Nutzern z.T. falsch zitiert.

Frau Künast hat aus diesem Grund ein Verfahren um die Gestattung der Herausgabe von Nutzerdaten durch die Social Media Plattform eingeleitet. Mit Beschluss des Berliner Landgerichts vom 21.01.2020 [vgl. Beschluss des Landgericht Berlin zum Az.: 27 AR 17/19] hat das Gericht Frau Künast nach der Prüfung von 22 betroffenen Nutzerkommentaren im Lichte der höchstrichterlichen und verfassungsrechtlichen Rechtsprechung zur Meinungsfreiheit in (wie wir finden „nur“) sechs Fällen Recht gegeben und die Herausgabe der Nutzerdaten von sechs Kommentatoren auf der Plattform für zulässig erachtet. Die Kommentare hätten einen „ehrherabsetzenden Inhalt, der aus der Sicht des unbefangenen Durchschnittslesers als gezielter Angriff auf die Ehre der Antragstellerin erscheine“. Aus diesem Grund dürfen in besagten sechs Fällen der Name, die E-Mail-Adresse und die IP-Adresse des Nutzers herausgegeben werden.

Besonders brisant in diesem Zusammenhang ist u.E., dass das LG Berlin zunächst den Antrag der Frau Künast abgewiesen und die Äußerungen „Stück Scheisse“, „krank im Kopf“, „altes grünes Drecksschwein“, „geisteskrank“, „kranke Frau“, „Schlampe“, „gehirnamputiert“, „Drecks Fotze“, „Sondermüll“, „Alte perverse Dreckssau“ als zulässige Meinungsäußerung angesehen hatte (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 09.09.2019 – 27 AR 17/19).

Sicherlich auch aufgrund des relativ großen medialen Echos und der öffentlichen Empörung (bspw. auch von dem bekannten Comedian Dieter Nuhr im öffentlich rechtlichen Fernsehen) ist das Landgericht im Beschwedeverfahren nun zurückgerudert und hat der Beschwerde zumindest in einigen Teilen statt gegeben. Die Zivilprozessordnung sieht in derartigen Verfahren vor, dass das erkennende Gericht noch einmal selbst seine Entscheidung überprüft und der Beschwerde abhilft, wenn es eigene Fehler erkennt. Nur und so weit das erkennende Landgericht der Beschwerde nicht abhilft, wird die Beschwerde dann dem Rechtsmittelgericht (in diesem Fall das Kammergericht) vorgelegt. Es bleibt abzuwarten, wie das Kammergericht entscheidet.

Quelle: Landgericht Berlin, Beschluss, Az.: 27 AR 17/19, abgerufen am 24.01.2020 unter tp-presseagentur.de/wp-content/uploads/2020/01/LG-Berlin-27-AR-17.19-Beschluss-vom-21.01.2020-anonymisiert.pdf