Und täglich grüßt die Frage, ob Unternehmen verpflichtet sein müssen, ihren Kunden einen Gastzugang zur Verfügung zu stellen oder ob es legitim ist, sie zur Eröffnung eines Kundenkontos zu verpflichten. Ein lange erwartetes Urteil fällte das Landgericht Hamburg hierzu am 22.02.2024 zum Aktenzeichen 327 O 250/22. Hierin sprach es sich gegen die Pflicht zum Gastzugang aus. Im vorliegenden Fall wurde ein Anbieter eines Online-Markplatzes für Mode- und Lifestyleprodukte von einer Verbraucherschutzorganisation beklagt und das Gericht folgte schließlich der Argumentation, dass es auf diesen Fall bezogen für den Verbraucher auch aus Datenschutzaspekten keinen oder nur kaum einen Unterschied machen würde, eine Kundenkonto anzulegen zu müssen oder nicht.
Dieses Urteil ließ natürlich viele Unternehmen, die ihren Kunden bis dahin noch keine Möglichkeit des Gastzugangs eingeräumt hatten, aufatmen – genauso aber auch die Datenschutzkonferenz (DSK) zähneknirschend zurück. Sie argumentiert, dass die Erstellung eines Kundenkontos grundsätzlich nur mit einer Einwilligung hierzu einhergehend darf und dass dies aber gegen das Kopplungsverbot (der Abschluss eines Vertrages darf nicht an die Erteilung einer Einwilligung gekoppelt sein; vgl. Art. 4 Nr. 11 und Art.7 Abs. 4 DSGVO) verstoßen würde. Und auch sei zweifelhaft, ob der Grundsatz der Zweckbindung gemäß Art. 5 Absatz 1 lit. b DSGVO eingehalten wird, da das Kundenkonto an sich nicht nötig sei, den geschlossenen Vertrag zu erfüllen. Allerdings räumt sie auch Ausnahmen ein, bei denen die Pflicht zur Erstellung eines Kundenkontos sinnvoll sei – zum Beispiel bei Fachhändlern bestimmter Berufsgruppen, jedoch ohne dies näher auszuführen.
Allgemein bekannt ist natürlich, dass das Gericht das letzte Wort hat und mit Blick auf das hamburger Urteil vom Februar könnte man sich nun also darauf ausruhen? Nein! Auch wenn es verlockend erscheint, diesen Fall auf den eigenen zu Übertragen und sich bequem zurückzulehnen, sollten wir ganz genau betrachten, welche Situation genau hier beurteilt wurde: Hier handelt es sich nämlich um einen Marktplatz, auf welchem verschiedenste Anbieter ihre Produkte anbieten können und der beklagte Marktplatz die Notwendigkeit des Kundenkontos damit argumentieren kann, dass via einer Bestellung von gleich mehreren Anbietern eingekauft werden kann. Dies trifft aber natürlich nicht auf andere Unternehmen zu, die einen Onlineshop für nur die eigenen Produkte anbieten.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass es zum aktuellen Stand nicht erforderlich ist, einen Gastzugang anzubieten, die juristische Lage aber danach schmeckt, dass hier noch mal ein höchstrichterliches, abschließendes Wort gesprochen werden wird, das abzuwarten bleibt. Und auch wenn es aus Unternehmenssicht ganz verlockend klingt, die Daten der Kunden mit dem Kundenkonto zu speichern und dies für eigene Zwecke zu nutzen, sollte man auch einmal aus Verbrauchersicht einen Blick darauf werfen: Keine Möglichkeit zu haben, als Gast zu bestellen, wird den einen oder anderen datenschutzbewussten Kunden abschrecken und woanders bestellen lassen. [MF]
Quellenangabe:
- Artikel „Braucht mein Webshop einen Gastzugang?“, abgerufen am 19.11.2024 unter: https://www.dr-datenschutz.de/braucht-mein-webshop-einen-gastzugang/
- Beschluss der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder, Hinweise der DSK – Datenschutzkonformer Online-Handel mittels Gastzugang, abgerufen am 19.11.2024 unter: https://www.datenschutzkonferenz-online.de/media/dskb/20222604_beschluss_datenminimierung_onlinehandel.pdf
- LG Hamburg 27. Zivilkammer, Urteil vom 22. Februar 2024 , Az: 327 O 250/22, abgerufen am 19.11.2024 unter: https://www.juris.de/static/infodienst/autoren/D_NJRE001569990.htm
Autorin:
Merle Fraaß [MF], externe betriebliche Datenschutzbeauftragte (TÜV-Zertifizierung)