In den vergangenen Monaten stand ein Pilotprojekt der Schufa, in Zusammenarbeit mit dem Telekommunikationsanbieter O2, bei Datenschützern stark in der Kritik. In dem Projekt ging es um einen Testlauf des Produktes „Check Now“, das die Schufa vor geraumer Zeit entwickelt hat. Das Verfahren richtet sich an Menschen, die aus diversen Gründen einen schlechten Schufa-Score haben und dementsprechend beim Abschluss von Verträgen (z.B. Handyvertrag, Mietvertrag, etc.) benachteiligt werden. Nicht in jedem Fall muss die betroffene Person nämlich wirklich Probleme mit ihrer Bonität haben: manchmal ergibt sich ein solcher Score aus einer fehlerhaften Interpretation von Sachverhalten, weshalb es sich auch grundlegend für Privatpersonen empfiehlt, gelegentlich einmal ein Auskunftsersuchen bei der Schufa zu stellen. Allerdings ist hier lediglich eine einfache Auskunft kostenlos. Wer einen umfassenden Einblick in die Berechnung seines Scores haben möchte, muss hier tatsächlich tiefer in die Tasche greifen.

Das Schufa-Produkt „Check Now“ soll es Menschen mit einem schlechten Score ermöglichen, der Schufa ihr Girokonto zu öffnen und „vorzuzeigen“. Diese kann dann durch die zur Verfügung gestellten Kontoauszüge eine Auswertung machen, ob die Person regelmäßig ihre laufenden Kosten deckt und vertrauenswürdig für ein Unternehmen ist. Dies ist zumindest die Argumentation und Darstellung der Schufa in Hinblick auf Ihr neuestes Produkt. Laut einem Bericht von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung gingen die Pläne der Schufa jedoch deutlich weiter. So sollen die abgegriffenen Daten von der Auskunftei 12 Monate gespeichert und zur Entwicklung eigener Produkte verwendet werden dürfen.

Offenlegen des Girokontos: Datenschützer gehen auf die Barikaden

Dass die Schufa allein das Wohl der Verbraucher im Blick hat, ist für viele Datenschützer nur schwer zu glauben, weshalb sie deutlich von der Nutzung von „Check Now“ abraten. So sei nach Recherchen von NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung der Dienst „Check Now“ nur ein kleiner Ausschnitt großer Pläne der Schufa: „Wie aus internen Dokumenten hervorgeht, verfolgt die Schufa mit diesem Dienst offenbar das Ziel, einen detailgetreuen Einblick in Millionen Kontoauszüge zu bekommen. Dieses Wissen könnte möglicherweise in eine Art Superscore fließen. Zum Nachteil von Verbrauchern, wie Datenschützer fürchten“ (Artikel „Schufa will Konten der Deutschen durchstöbern“, Süddeutsche Zeitung, 26.11.2020). Weiterhin heißt es in dem Artikel: „Auf der Webseite steht ein kleines Kästchen, das Verbraucher freiwillig anhaken können. Es wäre ein Klick mit großen Auswirkungen. Mit ihm nämlich gibt der Kunde der Auskunftei die Erlaubnis, seine Kontoauszüge zu lesen, diese Daten für zwölf Monate zu speichern und daraus auch theoretisch eigene Produkte zu entwickeln.“

Wie verbraucherorientiert klingt das Produkt „Check-Now“ unter diesen Aspekten tatsächlich noch?

Auch Peter Schaar (Bundesdatenschutzbeauftragte von 2003 bis 2013) und Thilo Weichert (bis 2015 Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein) äußern sich kritisch zu dem neuen Verfahren. Schaar gibt an, dass niemand wirklich die tatsächliche Reichweite dieser Einwilligung überschauen könne und dass man sich mit dieser Erlaubnis „wirklich nackig“ mache. Auch Thilo Weichert warnt davor, dass die hochsensiblen Daten ausschließlich im Unternehmensinteresse verwendet würden, ohne dass der Betroffene eine Möglichkeit hätte, dies nachzuvollziehen.

2018: Schufa kauft Münchener Start-Up Fin Api

In einer Präsentation im Jahr 2019 benennt die Schufa, laut der Süddeutschen Zeitung, in Hinblick auf neue Produktentwicklungsansätze unter anderem die nachfolgenden Punkte:

  • Neue Scores
  • Ergänzung bestehender Scores um zusätzliche Indikatoren
  • Kontoführungsscores
  • integrierte Scores
  • diverse Affinitätsscores (Vorlieben der Verbraucher)

Dazu passt wiederum der Kauf des Münchener Start-Ups „Fin Api“ durch die Schufa (2018). Die Besonderheit des Start-Ups ist der Besitz einer Lizenz der Finanzaufsicht Bafin fürs Lesen von Konten. Diese Lizenz könnte sich die Schufa für regelmäßige Datenübertragungen und Auswertungen zunutze machen.

O2 bricht ersten Testlauf des Schufa-Produktes „Check Now“ ab

Nachdem es starke Kritik von Datenschützern gegeben hatte, entschloss sich O2 das Pilotprojekt mit der Schufa nach nicht einmal einem Monat abzubrechen.

In der vorausgegangenen Testphase von „Check Now“ ab dem 4. November, konnten potenzielle O2-Kunden beim Vertragsabschluss ein kleines Häkchen setzen, das der Schufa den Einblick aufs Konto gewährte. O2 machte in diesem Zusammenhang noch einmal deutlich: „Das Verfahren bietet die Schufa den Verbrauchern in komplett eigener datenschutzrechtlicher Verantwortung an.“ Ungefähr 100 Menschen namen freiwillig an dem Test teil.

Quellenangaben:

  • Quelle 1: „Datenschutz: Schufa wertet Kontoauszüge in Pilotprojekt mit O2 aus“, abgerufen am 10.12.2020 unter https://www.golem.de/news/datenschutz-schufa-wertet-kontoauszuege-in-pilotprojekt-mit-o2-aus-2011-152425.html
  • Quelle 2: „Schufa will Konten der Deutschen durchstöbern“ abgerufen am 10.12.2020 unter https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/schufa-superscore-kontoauszug-konto-horror-1.5128963
  • Quelle 3: „Check Now: Telefónica beendet Schufa-Pilotprojekt“, abgerufen am 10.12.2020 unter https://www.golem.de/news/check-now-telefonica-beendet-schufa-pilotprojekt-2011-152445.html