Nur drei Tage nach der Verabschiedung der KI-Konvention (wir berichten hier) verabschiedeten die Mitgliedstaaten der EU am 21. Mai 2024 den sogenannten „AI Act“ (KI-Gesetz). Hierbei handelt es sich um das erste Gesetz dieser Art weltweit, weshalb es das Potential birgt, einen globalen Standard in der KI-Regulierung zu setzen, den andere Länder als Ausgangspunkt für eigene nationale Gesetze verwenden könnten.
Inhaltlich kategorisiert der AI Act zunächst die verschiedenen Arten von künstlicher Intelligenz je nach individuellem Risiko der Technologie. Das neue Gesetz beruht auf einem „risikobasierten Ansatz“, was bedeutet, dass die Vorschriften umso strenger ausgestaltet sind, je größer das Risiko ist, dass der Gesellschaft durch den Einsatz einer KI-Technologie ein Schaden zugefügt werden könnte. So werden beispielweise KI-Systeme mit Social Scoring Ansätzen als inakzeptabel eingestuft. Auch die Verarbeitung und Weiterverwendung von biometrischen Daten ist durch den AI Act gesondert reguliert.
Das übergeordnete Ziel des AI Acts ist die Gewährleistung der Grundrechte der EU-Bürger beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Gleichzeitig sollen aber auch Investitionen und Innovationen in KI-Technologien in Europa gefördert werden. Hierbei soll sichergestellt werden, dass die Entwicklung und der Einsatz von KI-Systemen im gesamten EU-Binnenmarkt vertrauenswürdig umgesetzt ist. Um dies zu realisieren, sieht das neue Gesetz nach Artikel 6 ff. AI-Act eine größere Transparenz bei der Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen (insbesondere mit hohem Risiko) vor. Letztere Systeme müssen nach Artikel 49 AI-Act in der EU-Datenbank für KI-Systeme mit hohem Risiko registriert werden. Zudem müssen z.B. Anbieter eines Emotionserkennungssystems eine Privatperson ausdrücklich darüber informieren, wenn diese damit in Kontakt kommen.
Im sechsten Kapitel des AI Acts geht es zudem im Bezug auf die Unterstützung von KI-Innovationen um die Schaffung eines „innovationsfreundlichen Rechtsrahmens“, in dem ein „regulatorisches Lernen der Technologien“ gefördert werden soll. Der AI Act erlaubt dabei unter bestimmten Bedingungen auch die Erprobung von KI-Systemen unter realen Bedingungen.
Sollte es im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI-Technologien z.B. zu einem Datenmissbrauch, einem Datenschutzvorfall oder einer Schädigung der Rechte von Privatpersonen kommen, sind dafür hohe Strafen und Bußgelder festgelegt. Die Artikel 99 ff. AI-Act regeln die Vorgaben für Sanktionen. So liegen z.B. die Geldbußen für Verstöße je nach Art des Verstoßes zwischen 35 Mio. bzw. 7 % Jahresumsatz und 15 Mio. bzw. Jahresumsatz. Für kleinere Unternehmen wie Starts-ups oder KMU gelten anteilige Bußgelder.
Die Stimmen und Meinungen zum KI-Gesetz sind derzeit noch gespalten. Der belgische Staatssekretär für Digitalisierung Mathieu Michel sagt dazu (aus dem Englischen übersetzt): „Die Verabschiedung des KI-Gesetzes ist ein wichtiger Meilenstein für die Europäische Union. Dieses bahnbrechende Gesetz, das erste seiner Art in der Welt, ist eine Antwort auf eine globale technologische Herausforderung, die auch Chancen für unsere Gesellschaften und Volkswirtschaften schafft. Mit dem KI-Gesetz unterstreicht Europa die Bedeutung von Vertrauen, Transparenz und Verantwortlichkeit im Umgang mit neuen Technologien und stellt gleichzeitig sicher, dass diese sich schnell verändernde Technologien gedeihen und die europäische Innovation vorantreiben kann.“
Andere Stimmen aus der Wirtschaft bezeichnen den AI Act wiederum als „dramatische Überregulierung“ oder als „maximal innovationshemmend.“
Der AI Act wird zeitnah nach der Unterzeichnung durch das Europäische Parlament und den Europäischen Rat im Amtsblatt der EU veröffentlicht und tritt zwanzig Tage danach in Kraft. Die neue Verordnung entfaltet zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten ihre Anwendbarkeit.
Quellenangaben:
- Artikel „AI-Act: EU-Mitgliedstaaten geben grünes Licht“, abgerufen am 28.05.2024 unter: https://www.dr-datenschutz.de/ai-act-eu-mitgliedstaaten-geben-gruenes-licht/