[Büren.] Eigentlich wollte der Lost-Places-Youtuber „ItsMarvin“ seine Follower nur zu einem virtuellen Rundgang in ein seit 2010 verlassenes Krankenhaus entführen. Auf seinem Kanal besucht der Youtuber regelmäßig verlassene, historische oder spannende Orte. Das neue Video, das am 29.05.2020 für seine Abonnenten online gegangen ist, zeigt das ehemalige St. Nikolaus Hospital der Stadt Büren bei Paderborn.

Mittlerweile hat das 23-minütige-Video mehr als 300.000 Klicks, da es unverhofft weitaus mehr spannenden Inhalt gab, als nur die räumliche Kulisse. Die Türen standen laut Marvin bereits sperrangelweit offen, als er mit seinem Kamerateam am 02.05.2020 das erste Mal das Krankenhaus aufgesucht habe. Keine äußeren Abgrenzungen hinderten das Kamerateam daran, das verlassene Krankenhaus für ihr neues Video in Augenschein zu nehmen. Im Grunde ging es den Youtubern nur um die spannende Kulisse. Blöd nur, dass bereits im zweiten Raum hunderte Patientenakten offen herumlagen und so ins Visier der Kamera gerieten. Die Patientenakten enthielten alles, was das Datenschützer-Herz zum Aussetzen bringt: Namen, Befunde, Krankheitsbilder, Röntgenaufnahmen: Höchstsensible Daten und das ohne jeden Schutz. Dies ist ohne jede Frage ein grober Verstoß gegen Art. 9 DSGVO. Auch wenn es sicherlich einige gesetzliche Grundlagen wie z.B. das Transfusionsgesetz oder die Röntgenverordnung gibt, die teilweise Aufbewahrungsfristen bis zu 30 Jahren vorsehen, rechtfertigt das in keinem Fall das offene Verwahrlosen dieser Patientenakten ohne jeglichen Schutz.

Nicht geklärt ist ebenfalls die Verantwortlichkeit für das Gebäude. Die Stadt Büren distanziert sich und verweist auf die Marseille Kliniken AG mit Sitz in Hamburg, die das Krankenhaus 2015 von einem kirchlichen Träger übernommen hat. Allerdings gab es ein Insolvenzverfahren der AG, weshalb nun im Grunde der Insolvenzverwalter der Verantwortliche für das Gebäude ist. Natürlich gab es auch von mehreren Seiten einen Aufschrei wegen „Hausfriedensbruch“ durch den Youtuber. Da allerdings das Grundstück keine wirkliche Abgrenzung hatte und die Türen sogar offen standen, ist der Tatbestand nicht klar gegeben. Und selbst, wenn dieser erfüllt wäre, so ist die Anzeige für einen Hausfriedensbruch vom Hausbesitzer zu tätigen, der wie bereits beschrieben, nicht klar zu benennen ist. Natürlich möchte auch niemand der Besitzer des Hauses sein, weil er sich dann für den Datenschutzvorfall verantworten müsste: ItsMarvin scheint folglich keine Anzeige wegen Hausfriedensbruch befürchten zu müssen.

Der Vorfall ist bei der Stadt Büren derzeit noch in Klärung. Auch wenn es nach aktuellem Stand noch keinen Schuldigen gibt, passiert nun wenigstens etwas: Die Stadt Büren hat in Absprache mit dem Ordnungsamt bauliche Maßnahmen ergriffen, um die Patientenakten besser zu schützen.

Quelle: Artikel „YouTuber deckt auf: Tausende Krankenhausakten frei zugänglich“, abgerufen am 18.06.2020 unter https://www.datenschutzbeauftragter-info.de/youtuber-deckt-auf-tausende-krankenhausakten-frei-zugaenglich/