Bereits Mitte April haben wir darüber berichtet, dass Apple mit dem neuen Software-Update iOS 14.5 das sogenannte „Tracking Transparency (ATT)“ einführt. Die Nutzer müssen dann in jedes Werbe-Tracking eines Anbieters vorab einwilligen. Diese „Datenschutz-Kampagne“ ist vielen Unternehmen (insbesondere aus der Werbe- und Medienbranche) sauer aufgestoßen, da diese befürchten, dass ohne gezieltes Marketing, Profiling und zielgruppenspezifische Werbung, die Umsätze wegbrechen. Auch stellt die Maßnahme ein Problem für all die kleinen App-Betreiber dar, die sich hauptsächlich aus Werbeeinnahmen finanzieren.

Selbstbevorzugung, Diskriminierung, Wettbewerbswidrigkeit?

Insgesamt acht Verbände der deutschen Medien-, Internet- und Werbewirtschaft haben sich nun zusammengeschlossen und gemeinsam am 26.04.2021 Beschwerde beim Bundeskartellamt eingelegt. Diesem obliegt nun die Betrachtung, ob Apples neueste Strategie als Zugeständnis für die Privatsphäre des Einzelnen (und somit als Mehrwert im Datenschutz) oder eben doch als wettbewerbswidrige Maßnahme einzustufen ist. Besagte Verbände werfen Apple insbesondere Selbstbevorzugung und Diskriminierung der Mitbewerber vor.

Weiteres Kartellverfahren gegen Apple

Auch wird aktuell bei der EU-Kommission ein weiteres Kartellverfahren gegen Apple vorbereitet, das vor zwei Jahren von einigen Unternehmen (darunter z.B. der Musikstreaming-Anbieter Spotify) angestoßen wurde. Hier geht es konkret um den Sachverhalt, dass App-Anbieter wie z.B. Spotify, für jeden Nutzer, der im Appstore ein Abo abschließt, an Apple Provision zahlen müssen (zwischen 15% und 30%!). Diese wiederum müssen die Anbieter natürlich auf die Nutzer umlegen und entsprechend ihre Preise erhöhen. Da sich Apple natürlich die Provision für eigene Produkte nicht selbst auferlegt und somit keine zusätzlichen Kosten entstehen, kann das Unternehmen seine Dienste im Vergleich zur Konkurrenz wesentlich günstiger anbieten. Dieses Vorgehen erachten diverse Anbieter als klare Benachteiligung.

Es ist naheliegend, dass diese Maßnahmen auch den App-Store künftig in seiner Zusammensetzung verändern werden. Es wird mehr kostenpflichtige Apps geben, da viele Betreiber kaum bis gar keine Werbeeinnahmen mehr generieren können und ihre Umsätze somit aus der Nutzungsgebühr (z.B. einmalig, monatlich) ihrer Dienste einnehmen müssen. Eine weitere Konsequenz wird folglich nicht nur die App-Anbieter, sondern auch die Nutzer treffen, da die Vielfalt der kostenfreien Apps wahrscheinlich deutlich sinken wird. Der Nutzer steht dann letztendlich vor der Wahl für die Dienste, die ihm wichtig sind zu zahlen, oder eben auf die Apple-Dienste umzusteigen. Beispielsweise kündigte Facebook an, die App kostenpflichtig werden zu lassen. Ob dies nur eine leere Drohung gegenüber Apple ist oder tatsächlich so umgesetzt wird, um entfallene Werbeeinnahmen aufzufangen, wird sich zeigen.

Der Datenschutz: Nur klug vorgeschoben?

Wie sieht es datenschutzrechtlich in der Thematik aus? Im Datenschutzrecht gab es in den letzten Jahren einige Rechtsprechungen, zum Thema Tracking wie z.B. das sogenannte „Cookie-Urteil“ des EuGH, das Webseitenbetreibende dazu verpflichtet, auf alle Cookies (Tracking) hinzuweisen, die auf einer Webseite genutzt werden. Sämtliche Cookies müssen im Vorfeld deaktiviert sein. Erst wenn der Nutzer eigenständig in diese einwilligt, dürfen sie entsprechend gesetzt werden. Zu den Mindestinformationen eines Cookiemanagers gehören dabei der Cookiename, der Anbieter des Cookies, der Zweck des Cookies, die Cookie-Laufzeit bzw. Speicherdauer und der Cookie-Typ.

Das Vorgehen, das Apple nun systemseitig beschreitet, ist grundsätzlich konform mit diesen datenschutzrelevanten Anforderungen an die Ausweisung von Tracking. Allerdings lässt die Umsetzung scheinbar deutlich zu wünschen übrig. Auf der Webseite „Dr. Datenschutz“ (siehe Quellenangabe) führt der Autor den Einwilligungstext auf, den Apple für die Tracking-Einwilligung vorsieht. Ins Deutsche übersetzt sieht dieser wie folgt aus: „“Erlauben Sie Anbieter XY, Ihre Aktivitäten in den Apps und Websites anderer Unternehmen zu verfolgen? Ihre Daten werden verwendet, um Ihnen personalisierte Werbung zu liefern.“

Eine informierte Einwilligung sieht hier eindeutig anders aus. Name des Anbieters? Zweck des Trackings? Weitergabe der Daten an Dritte? Speicherdauer der Daten? Weiterleitung auf eine Datenschutzerklärung, die detailliertere Informationen enthält? In allen Punkten: Fehlanzeige. Da stellt sich einem Datenschützer natürlich die Frage, ob hier wirklich der Schutz der Privatsphäre des Einzelnen durch eine informierte Einwilligung im Vordergrund steht. Die Art und Weise wie Apple den Text formuliert hat, dürfte bei den Nutzern eher dazu führen, das Tracking pauschal abzulehnen. Geändert werden darf der Text allerdings auch nicht: Er ist Vorgabe für alle Anbieter, die ihre Apps im Appstore anbieten. Weiterführende Informationen zu der Frage, was konkret mit den erhobenen Daten geschieht, soll laut Apple dann der jeweilige Anbieter der App den Nutzern eigenständig zur Verfügung stellen.

Datenschutzbeschränkungen nur für andere?

Ein offener Punkt ist ebenfalls die Frage, ob sich Apple diese Beschränkungen auch selbst auferlegt. Hier stehen zum Teil widersprüchliche Aussagen im Raum. Wäre dies tatsächlich nicht der Fall und würden in Apple-Apps keine Tracking-Anfragen integriert werden, könnte Apple weiterhin Nutzerdaten für Werbezwecke erheben und entsprechend verwerten, während dies den anderen Anbietern verwehrt bliebe. Dies würde sich natürlich positiv auf Apples Werbeeinnahmen und zulasten der Konkurrenz auswirken.

Datenschutzrecht, Wettbewerbsrecht, Unternehmenspolitik:

Mit all diesen Fragen und Unklarheiten darf sich nun das Bundeskartellamt beschäftigen. Es bleibt spannend, zugunsten welcher Seite hier letztendlich entscheiden wird und wie diese Entscheidung begründet sein wird.

Quellenangaben:

  • Artikel „Zwingt Apples Datenschutz Unternehmen in die Knie?“, abgerufen am 03.05.2021 unter https://www.dr-datenschutz.de/zwingt-apples-datenschutz-unternehmen-in-die-knie